Verleihung Kardinal Opilio Rossi Medaille an Dr. Marte
Der Kultursprecher der ÖVP-Parlamentsfraktion Rudolf Taschner würdigte die Tätigkeit Martes als Brückenbauer zwischen Kirche und der - mitunter mit dieser "nicht ganz parallelen" - christlichsozialen Politik. In einer Zeit, wo sich auch wieder "die Kirchen trennen, die zusammengehören sollten " - aktuell in der Orthodoxie - sei das von Marte betriebene "geduldige Bohren harter Bretter" auch innerkirchlich von großer Bedeutung, so Taschner.
AKV-Präsident Helmut Kukacka erinnerte an den Einsatz Martes für die Freiheit und die Achtung aller Religionen, auch des Islam. Marte wage sich weit hinaus und äußere etwa die Überzeugung, "dass es im Inneren des Islam so etwas eine Reformation" brauche. Allerdings plädiere er auch dafür, keine Angst vor dem Islam zu haben. Man müsse aber jedem Missbrauch der Religion als Rechtfertigung für Gewalt entschieden entgegentreten, so Kukacka zu Martes Thesen.
In der Ära Martes als Pro-Oriente-Präsident hätten sich verschiedene NGOs zusammengetan, um den bedrängten Christen im Nahen Osten zu helfen, führte Kukacka aus. Frucht dieser Zusammenarbeit seien auch erfolgreiche Wiederaufbauprojekte im Irak, die er in der Vorwoche besuchen habe können. Insgesamt seien 500.000 Euro gesammelt worden, und dieses Geld "wird richtig verwendet". Das Anliegen von "Pro Oriente", dass Menschenrechte und Religionsfreiheit in diesen Länder besser verwirklicht werden, behalte man im Auge.
Botschafter i.R. Walter Siegl, ein Vorarlberger wie Marte, erinnerte an Martes mutige Türöffnungs-Dienste für russische Kulturschaffende. In der Breschnew-Zeit habe der Diplomat - er war damals Kulturattache in Moskau - "die Grauzone voll ausgenutzt". Er habe trotz Überwachung Kontakt zu gebürtigen Österreichern in Russland gefunden, die die Gulags überlebt hatten, und er habe deren Schicksale im Westen bekannt gemacht.
Marte habe auch Kontakt mit Dissidenten gehalten, etwa Lew Kopelew und Wassilij Grossman. Deren Werke seien dann, auch durch Martes Hilfe, im Westen erschienen.
Auf der religiösen Front habe der ausgebildete Jurist und Religionslehrer das erste Zusammentreffen von Kardinal König und Patriarch Pimen von Moskau mitvorbereitet. Dieses Treffen im Jahr 1980 sei zwar "alles andere als herzlich" gewesen, doch es sei Wegbereiter für die Ökumene gewesen, so Siegl.
Pro-Oriente-Präsident Alfons Kloss - er ist Nachfolger Martes - betonte, dass die Arbeit der Stiftung in den Konfliktzeiten "viel zum Ruf der österreichischen Diplomatie" beigetragen habe. Auch heute werde diese Erfahrung gebraucht. Denn "eingefrorene Konflikte sind wieder aufgetaut" und neue dazu gekommen. Zudem seien "manche zwischenkirchliche Klärungen durch den Generationswechsel in Vergessenheit geraten".
Dies seien einige der vielen Herausforderungen für "Pro Oriente" - ebenso seien dies die Integration der ca. 700.000 Christen der Ostkirchen in Österreich, die Stärkung der Dialog- und Versöhnungsinitiativen und die Motivation der getrennten Christen zu gemeinsamen Aktionen. Die Christen müssten stärker gemeinsam als "committed citizens" in Erscheinung treten, so Botschafter Kloss.
Johann Marte sagte in seinen Dankesworten, er sei 2001 in Pension gegangen und danach 17 Jahre lang im "angewandten Apostolat gegen den Skandal der Spaltung" tätig gewesen. Dabei zeige sich - aktuell wieder beim innerorthodoxen Konflikt zwischen Konstantinopel und Moskau -, dass die Spaltung "nichts mit Theologie zu tun hat".
Es gehe ihm aber auch um eine stärkere öffentliche Präsenz der gläubigen Katholiken, schloss Marte: "Früher galt als sozial auffällig, wer den Katholizismus verspottet hat. Heute ist sozial auffällig, wer ihn bekennt. Deshalb: Lasst uns sozial auffällig sein!"
Große Verdienste im Kultursektor
Johann Marte wurde am 2. Mai 1935 in Feldkirch geboren. Er studierte nach der Absolvierung des Zisterzienser-Gymnasiums in Bregenz zwischen 1955 und 1960 Rechtswissenschaften an der Universität Innsbruck. Von 1963 bis 1969 arbeitete er als Bezirksrichter in Bregenz und Feldkirch und erteilte Religionsunterricht an der Gewerblichen Berufsschule. Außerdem fungierte er als Präsident der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft und hielt Vorträge am Institut für Sozialpolitik und Sozialreform.
1969 wechselte Marte in die Sektion für kulturelle Auslandsangelegenheiten im Unterrichtsministerium und wirkte zwischen 1971 und 1974 als Kulturattaché und später Leiter des Österreichischen Kulturinstituts in Warschau. 1974 wechselte er an die Botschaft in Moskau, wo er bis 1982 der Abteilung für Kultur und Wissenschaft vorstand. Anschließend war Marte im Außenministerium für den bilateralen Kultur- und Wissenschaftsaustausch zuständig.
1986 wurde Marte im Wissenschaftsministerium mit der Leitung der für Bundesmuseen, wissenschaftliche Bibliotheken und Denkmalschutz zuständigen Sektion betraut. Dort arbeitete er vor allem an der baulichen Sanierung und organisatorischen Reform der Bundesmuseen ("Museumsmilliarde") und baute einen automationsunterstützten Verbund wissenschaftlicher Bibliotheken (BIBOS) auf. 1993 wurde Marte zum Generaldirektor der Nationalbibliothek berufen. Dieses Amt übte Marte bis zu seiner Pensionierung 2000 aus. Verdienste erwarb sich Marte vor allem um die Öffnung des Hauses für Veranstaltungen.
Von 1989 bis 2003 war Marte überdies Präsident des Vereins zur Erforschung der Geschichte der Juden in Österreich und von 2001 bis 2008 Präsident der österreichischen UNESCO-Kommission. 1990 wurde Marte Kurator der Stiftung "Pro Oriente", von 2001 bis Juni 2018 war er deren Präsident.
Marte wurde bislang u.a. mit dem Österreichischen Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien sowie mit dem Ehrenkreuz des Malteser Ritterordens ausgezeichnet.
Die "Kardinal Opilio Rossi-Medaille", die den Namen des einstigen, 2004 verstorbenen Apostolischen Nuntius in Österreich und Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Laien trägt, wird von der "Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände" (AKV) alljährlich für "herausragende Leistungen im Sinne des wohlverstandenen Laienapostolats" zur "Gestaltung der Gesellschaft aus christlicher Verantwortung" vergeben. Letzte Preisträger waren der Publizist Hans Winkler (2014), die Unabhängige Opferschutzanwältin Waltraud Klasnic (2015), der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal (2016), der frühere oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (2017) sowie - ebenfalls 2017 - der langjährige Präsidenten des Katholischen Laienrates Österreichs (KLRÖ) Wolfgang Rank.
(c) kathpress https://www.kathpress.at/goto/meldung/1688681/diplomatie-politik-kultur-und-verbaende-ehren-johann-marte